vasárnap, november 24, 2024

5. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Gunter Narr Verlag. Tübingen 2010, 319 S. ISBN 978-3-8233-6550-1

Werbung ist häufiges Phänomen in der heutigen Alltagskultur und wird von Wissenschaftlern auch als Spiegel der Gesellschaft bezeichnet. So ist es kein Wunder, die Werbung von so unterschiedlichen Disziplinen, wie Marketing, Soziologie, Psychologie, Sprachwissenschaft usw. untersucht wird. Zu einer Analyse von Werbung gehören linguistische Fragen unbedingt dazu, weil „die Sprache das wichtigste Medium zur Vermittlung von Werbebotschaften ist. Die Sprache der Werbung hat daher das größte Interesse philologischer Arbeiten zur Werbung gefunden“ (Sowinski 1998, 41). Die Linguistik hat die Werbung als Korpus linguistischer Untersuchungen in letzten drei Jahrzehnten zu betrachten begonnen und das linguistische Interesse für die Werbesprache erweist sich als beständig. So ist es nicht verwunderlich, dass immer weiter neue Literatur zu diesem hochrelevanten Thema erscheint oder die Literatur aktualisiert wird.
Werbesprache. Ein Arbeitsbuch von Nina Janich ist 2010 vom Gunter Narr Verlag in 5. vollständig überarbeiteter und erweiterter Auflage veröffentlicht worden. Die erste Auflage erschien 1999. Die Welt und die Gesellschaft verändern sich sehr schnell, an deren Anspruch sich die Werbung immer misst, deshalb ist es nötig, Fachliteratur zum Thema Werbesprache kontinuierlich zu aktualisieren. Nina Janich hat sich für zahlreiche Änderungen und Ergänzungen zu ihrem originellen Buch entschieden, anstatt ein neues Buch zu schreiben.
Das Buch erörtert Erkenntnisse und Beispiele zum Thema Werbesprache auf mehr als 300 Seiten. Die Arbeit von Nina Janich kann in zwei Teile untergliedert werden (Der erste Teil: 2.–3. Kapitel; Der zweite Teil: 4.–6. Kapitel). In den Kapiteln 2. und 3. versucht das Buch kommunikative und einige ökonomische Zusammenhänge zur Werbung darzustellen. Die Verfasserin gibt verschiedene Definitionen von Werbung und beschreibt unterschiedliche Erscheinungsformen von Marken. Danach folgen die Vorstellung einer Kommunikationsform und eines Kommunikationsmodells, sowie eine Übersicht über die möglichen Medien und Formate. In Kapiteln 4.–6. behandelt das Buch die aktuellen, linguistischen Forschungsfelder und gibt methodische Tipps für ein Analysemodell, mit deren Hilfe ein Korpus aus werbewissenschaftlichem Aspekt analysiert werden kann. Das Buch bietet ein Wissensangebot zur Analyse von Werbung aus pragmatischer, grammatischer, lexikalischer und nonverbaler Perspektive. Der Leser bekommt außerdem Einblicke in wesentliche Werbestrategien, deren Mittel laut der Verfasserin die Rhetorik, die Sprachevarietäten und die Intertextualität sind.
Die sechs Kapitel des Buches sind leserfreundlich gestaltet. Zuerst kommen zwei ausführliche Vorworte. Das Vorwort zur fünften Auflage skizziert vor allem die Veränder­ungen/Ergänzungen der neueren Auflage. Der Umfang des Vorwortes zur zweiten Auflage ist allerdings nicht nachvollziehbar, weil es außer der – übrigens unnötigen – Reflexionen der früheren Kritiken keine Funktion hat. Der nächste Teil mit der ungewöhnlichen Benennung „Eine Art Regieanweisung“ enthält die Zielsetzung der Arbeit, die die Verfasserin klug angegeben hat. Das Buch setzt sich nicht zum Ziel „ausführlich über derzeitige sprachliche Gestalt von Werbeanzeigen und Werbespots zu informieren und die Ergebnisse der Forschung möglichst vollständig zusammenzutragen und zu rekapitulieren,” weil die Ergebnisse in Kürze veraltet wären, sondern es widmet sich „einer ersten methodenkritischen Hilfestellung“ für Leser (Janich 2010, 12). Hier wird auch das Zielpublikum bezeichnet, das alle sind, „die sich sprachwissenschaftlich mit Werbung beschäftigen und eigene Untersuchungen anstellen wollen, denn ein anerkannte Methodik der Werbesprachenforschung existiert bislang nicht“ (Janich 2010, 12). Der Aufbau des Buches wird ebenfalls in der Regieanweisung vorgestellt.
Der Titel des ersten Kapitels „Warum kein Forschungsüberblick?“ ist auch ziemlich ungewöhnlich (Janich 2010, 15). Die Sprache des Buches wirkt in einigen Kapiteln („Eine Art Regieanweisung“, „Warum kein Forschungsüberblick?“) und meist bei Definitionen unsicher und unklar, obwohl die Sprache der ganzen Arbeit meist anspruchsvoll und hochwissenschaftlich gestaltet wird.
In Kapitel 2 über „Die Rahmen: Markt, Kommunikation, Werbesprache“ nennt die Verfasserin (von der 18. bis zur 45. Seiten) zahlreiche lange (manchmal sechszeilige) Definitionen von Werbung und Werbekommunikation, um dem Leser eine möglichst breite Wissensbasis zu geben, aber es ist eine Enttäuschung, die Definition des Buchtitels „Werbesprache“ erst auf der 46. Seite zu finden. Das Buch lässt sich wegen der vielen Definitionen als Fachbuch bezeichnen, trotzdem kommt die – auch früher erwähnte – sprachliche Unklarheit wieder vor, wo das Buch seine Fachbuchmerkmale verliert:
„Für die Gestaltung von Anzeigen kann es unter Umständen auch eine Rolle spielen, in welcher Zeitschrift sie geschaltet werden soll (bzw. für Spots, zu welcher Tageszeit in welchem Programm während welchen Films sie gesendet werden sollen)” (Janich 2010, 33).
Kapitel 3 über den „Makrokosmos der Werbung: Medien und Formate“ gibt eine Übersicht über die möglichen Medien und Formate, sowie Kenntnisse über die verschiedenen Bausteine von Werbung (Schlagzeile, Fließtext, Slogan, Produktname, sonstige Text- und Bildelemente). Meist wird nur die Printwerbung ist meist vorgestellt und untersucht. Die Verfasserin konzentriert sich wenig auf die Unterkapitel 3.2. „Mikrokosmos Fernsehspot“ und 3.3. „Mikrokosmos Hörfunkspot“, obwohl sie ebenfalls wichtige Erscheinungsformen von Werbung sind. Das ausführlichere Unterkapitel 3.4. „Mikrokosmos Internet-Formate“ ist von Jens Runkehl verfasst worden.
Das vierte Kapitel über „Sprachwissenschaftliche Forschungsfelder” ist nach einer klaren Logik strukturiert und prüft die Werbung aus pragmatischer, grammatischer, lexikalischer und nonverbaler Perspektive. In diesem Kapitel tritt die sprachliche Unklarheit klar hervor, deshalb wirkt die Definition unpräzise: „Rhetorische Figuren sind ein sehr häufiges Gestaltungsmittel in der Werbung, fallen aber oft vor allem dann auf, wenn sie außerdem einen witzigen Effekt erzielen (und damit nach unserer Klassifikation schon zu den Sprachspielen zu zählen wären) (Janich 2010, 199).
Das fünfte Kapitel über „Methodische Tipps” gibt ein Vorschlag für ein sinnvolles und ausführliches Analysemodell, das drei Analyse- und drei Synthesestufen bei der sprachlichen Untersuchung von Werbeanzeigen darstellt.
Das sechste Kapitel über „Der Blick über den Tellerrand” beschäftigt sich mit Diskursanalyse in Werbung, sowie Werbung- und Werbesprachekritik. Daneben gibt es auch Einblicke in Untersuchungen der Werbungen im Kulturvergleich. Diese heute populären und relevanten Themen werden mit dem Titel „Blick über den Tellerrand“ bezeichnet, was die Unsicherheit und Unklarheit wieder belegt.
Am Ende fast jeden Kapitels befindet sich ein Literaturtipp und das Buch ist mit neuerer Literatur und einem erneuerten Übungsteil ergänzt worden. Die Literaturergänzung gibt weiterführende Fachliteratur von 2000 bis 2009 ausführlich an. Die Beispiele und Bilder sind auch erneuert worden, trotzdem sind sie nicht farbig, sondern schwarz-grau-weiß. Das ist der größte Fehler des Buches, Beispiele über Werbelemente und Werbestrategien ohne Farbe darstellen und erklären zu wollen.
Wenn man auf dem Titelblatt des Buches fällt die Benennung „Arbeitsbuch“ sofort auf. Am Ende der meisten Kapitel gibt es einen Übungsteil mit einigen Aufgaben und dieser Übungsteil ist sogar erneuert worden. Die Übungen sind jedoch wenig umfangreich, meist zu kompliziert und nicht genügend handlungsorientiert, um das Buch als ein Arbeitsbuch zu bezeichnen. Zu allem Übel muss man die Lösungen der Übungen auf der Webseite des Narr Verlags (www.narr-studienbuecher.de) finden, aber die Seite ist nicht mehr erreichbar (gesehen am 13.08.2012). So kann man dieses Buch auch mit großem Wohlwollen als Arbeitsbuch nicht bezeichnen.
Die Arbeit von Nina Janich steht in Kontinuität zu früheren Grundlagenarbeiten12, denen es sich teils weiterführend teils bestätigend anschließt. Die Arbeit von Nina Janich ist mit Beispielen übersichtlich aufgebaut und sehr informativ, aber nicht nur für Sprachwissen­schaft, sondern für alle Bereiche, die sich mit Werbung, Kommunikation und Marketing beschäftigen. Das Buch beantwortet fachwissenschaftliche Fragen, stellt werbewissenschaftliche Grundlagen bereit und zeigt eine methodenkritische Hilfe, sowie quantitative und inhaltliche Untersuchungen von Werbungen und Werbesprache. Insgesamt versammelt das Buch das wichtigste Wissensangebot zu diesem hochrelevanten Thema. Das Buch von Nina Janich sollte unbedingt als eine niveauvolle Arbeit in der Geschichte der Sprachwissenschaft erwähnt werden.