szerda, április 24, 2024

Ich soll Dich suchen mit der Sehnsucht,
Ich sehne mich nach Dir mit der Suche!
Mit der Liebe soll ich Dich finden,
Und soll ich Dich lieben mit dem Finden.

Die als Motto gewählten Zeilen des Gebetes vom englischen Kirchenvater, dem Heiligen Anselmus von Canterbury (1033–1109), drücken das Warten zur Adventszeit, die Vorbereitung auf die Ankunft Christi aus, deren Hilfsmittel in Mitteleuropa der Adventskranz ist.
Der Anfang des liturgischen kirchlichen Jahres ist der Advent, der Volkssprache nach ádvent, ádvint. Das Wort stammt aus dem lateinischen adventus Domini (die Ankunft des Herren). Der Kirche nach ist er eine heilige Zeit, im Mittelalter war er außerdem noch Zeit des Fastens als Vorbereitung auf Weihnachten (Bálint 1973, 15.; Gáncs–Szabó 2003). In seinem 1757 erschienenen Buch Der heilige Heortokrates, oder kurze Geschichte der christlichen Feste hat Péter Bod (1712–1769), reformierter Prediger im siebenbürgischen Magyarigen, Folgendes geschrieben: „Domenica Adventus, Adventsonntag. So werden heute die vier Wochen vor Weihnachten genannt. Früher waren es sechs Wochen, beginnend mit dem Tag des Hl. Martinus (die griechische Kirchengemeinde beginnt ihr Fasten auch heute noch an diesem Tag), aber bei den Latinisierten wurde er auf vier Wochen gekürzt. Denn Christ hat vier Ankünfte: 1. Als er zu Fleisch und Blut wurde; 2. wenn er in die Herzen hineinfliegt und den Mensch bekehrt; 3. wenn er zum Jüngsten Gericht kommt. Allgemein beginnt der Advent mit dem Tag des Hl. Andreas, da diese Tage zum Nachdenken über die Verkörperlichung Christi, zum Anfang des Fastens da waren…” (Bod 1757, 31) Deshalb wurde die Adventszeit in Szeged kisbűt (kleines Fasten), in Tápé adventbűt (adventliches Fasten) genannt. Mittwoch und Freitag gab es ein strenges Fasten, am Samstag musste man sich nur von den Fleischgerichten fernhalten (Bálint 1973, 16; Bálint 1980, III: 214). Zur Adventszeit gab es auch keine lauten Festlichkeiten, die 1907 geborene Mezőkövesder Gedingarbeiterin Margit Gari erinnert sich so: „Der Advent war für uns die Zeit der Erwartung von Christus, Vorläufer der Geburt des Christkinds. Wir haben gewartet, gebetet und haben uns gefreut, dass zu Weihnachten… Der Advent begann nach dem Andreastag, der die Musik einschloss. Wenn sich Andreas näherte, wussten wir, dass es leider vorbei mit der Freude ist. Am Andreastag gingen wir zur ersten Morgenmesse. Als der erste Adventstag anbrach, bereiteten wir schon die Unterkunft vor, aber nicht in unserem Haus, sondern in unseren Herzen” (Fél 1993, 239; Fél 1983, 298–299.)
Im 19. Jahrhundert ist im protestantischen Norddeutschland ein Brauch entstanden, der den wichtigsten Sinn des Advents ausdrückte: das Erwarten der Weihnachtszeit. In den 1870er Jahren hatte in Pommern ein evangelischer Pfarrer am ersten Adventssonntag in einer Kirche einen Weihnachtsbaum aufgestellt, und an jedem neuen Sonntag eine zusätzliche Kerze daran angezündet. Später wurde der Baum durch einen, aus grünen Zweigen angefertigen Kranz ersetzt. Andere frühe Daten besagen, dass im größten Waisenhaus in Berlin schon 1860 ein mit Kerzen geschmückter Tannenkranz erschienen ist. Seit Ende des 19. Jahrhunderts, aber hauptsätzlich seit dem Ersten Weltkrieg hat sich der Adventskranz von den protestantischen norddeutschen Gebieten bis in die katholischen süddeutschen und österreichischen Gebiete verbreitet. Bei seiner Verbreitung spielten auch die Kirchen, die Schulen und der Handel eine große Rolle.
In Österreich wurde er seit dem Ersten Weltkrieg zunächst nur in den Städten und bei den Familien der höheren gesellschaftlichen Schichten bekannt. Die Wiener machten im Jahr 1920 Bekanntschaft mit ihm, als ein Wiener Universitätsprofessor, aus Freiburg zurückkehrend, sich einen von einem Josefstädter Blumengeschäft anfertigen ließ. Dem Besitzer des Geschäftes gefiel das bisher unbekannte Ding so, dass er den zweiten Kranz ins Schaufenster hängte. Noch in jenem Advent wurden 30 Kränze verkauft. In Graz wurde er 1925 von der Jugendbewegung, in Linz nach dem Ersten Weltkrieg von aus Deutschland stammenden Familien bekannt gemacht.
In Tirol war er in der Zwischenkriegszeit noch kaum bekannt. Der aus Deutschland stammende Brauch hat sich zur Zeit des Anschlusses (1938–45) in ganz Österreich verbreitet (Wolfram 1959, 2–6; Galler 1977, 6–7.).
Heutzutage gibt es kein österreichisches Dorf oder Haus, in dem der Adventskranz unbekannt ist, selbst bei den Ungarn im Burgenland nicht (Seper 1976, 118; Petrei 1972, 148–149). Auf den Weinachtsmärkten, in den Blumengeschäften und Warenhäusern ist er überall zu kaufen. Als Dekoration ist er nicht nur in den Geschäften der Großstädte (Innsbruck, Salzburg, Graz, Wien), sondern auch in den kleinen Alpendörfern zu sehen. Im Familienkreis ist er aber nicht nur eine Dekoration. Zu Hause wird er mit seinen lila Schleifen an die Decke gehängt oder auf den Tisch gelegt. Seine vier Kerzen deuten auf die vier Adventswochen hin. An jedem Sonntag wird im dunklen Zimmer eine zusätzliche Kerze angezündet, so verstärkt sich sein Licht mit der Ankunft der Weihnachtszeit. Am Heiligabend brennen schon all seine vier Kerzen zusammen mit denen des Weihnachtsbaumes.
Neuerdings bekommen die Kinder mit dem Adventskranz auch einen sog. „Tagesfresser”: An einer Schleife sind 24 Nüsse gebunden, die die Tage bis Weihnachten symbolisieren. Die versilberten Nüsse zeigen die Sonntage, die vergoldete Nuss zeigt den Heiligen Abend an. Die Schleife wird an den Kranz gebunden, und die Kinder schneiden jeden Morgen oder Abend eine Nuss ab. In den die Wochentage symbolisierenden Nüssen sind kleine Zettel mit Ratschlägen in Bezug auf das Benehmen und Lernen, in den versilberten und im vergoldeten sind Süßigkeiten oder auch Geld versteckt.
Der Adventskranz ist in Österreich so beliebt, dass er seit einigen Jahrzehnten, zusammen mit dem kleinen Weihnachtsbaum, auch an den Gräbern zu finden ist.
Im Lande Salzburg wird der Adventskranz am frohen Silvesterabend im Garten verbrannt. Auf den Fragebögen des in der Mitte der 1950er Jahre zusammengestellten Österreichischen Volkskundeatlasses hat eine Bauerstochter geantwortet: „Der Adventskranz ist erst seit kurzer Zeit bei uns Brauch. Es ist aber ein schöner Brauch, den man nicht mehr weglassen will” (Wolfram 1959, 7).
Mit der geografischen Verbreitung des Adventskranzes haben sich sowohl die deutschen, als auch die österreichischen Volkskundeatlanten beschäftigt. Das Material der Karte Nr. 36 des Atlasses der deutschen Volkskunde wurde 1932 gesammelt. Die Karte zeigt, dass der Adventskranz in den hauptsächlich protestantischen (evangelischen) Gebieten Norddeutschlands stark verbreitet ist. Von seinem Stammgebiet ist er zu der Zeit noch nicht (oder nur sehr selten) in die katholischen südlichen und südöstlichen Gebiete Deutschlands und in Österreich eingedrungen. Die Grenze der Verbreitung kann bei den Sudetendeutschen sehr genau beobachtet werden: Bei ihren Nachbarn, im evangelischen Sachsen und Schlesien, ist der Adventskranz schon stark verbreitet, aber unter den katholischen Sudetendeutschen und in Oberschlesien war er noch fast unbekannt. Während der Sammlung für den Atlas hat sich auch herausgestellt, dass der Adventskranz zuerst bei den evangelischen Familien erschienen ist. Es ist auch auffallend, dass er sich in den Großstädten, in den Industriegebieten und in deren Umgebung sehr schnell verbreitet hat. Hier hat er sogar die Konfessionsgrenzen überschritten, am stärksten im Rhein- und Ruhrgebiet. Zuerst ist er bei den wohlhabenden Familien, in den oberen Gesellschaftsschichten erschienen, von dort aus hat er sich dann weiter verbreitet (Atlas der deutschen Volkskunde. 2. Lieferung, Karte Nr. 36.).
Der deutsche Volkskundeatlas gibt auch Informationen über Österreich: Die Karte Nr. 36. zeigt, dass der Adventskranz im Jahre 1932 nur sehr spärlich verbreitet war. Von den 1148 Forschungsorten war er nur in 86 bekannt, darunter in 51 Orten nur bei einigen Häusern. In Südtirol war er völlig unbekannt, in Tirol gab es 2, in Niederösterreich 30, in Oberösterreich 18 und in der Steiermark 20 Belegorte, an denen er bekannt war (Wolfram 1959, 1).
Im Österreichischen Volkskundeatlas beschäftigen sich sogar zwei Karten mit dem Adventskranz, seine Materialien wurden 1955/56 gesammelt. Als man 23 Jahre nach dem Deutschen Vorgänger den Adventskranz beschrieben hat, konnte man ihn schon an 1804 Belegorten registrieren, nur an 13 Orten war er unbekannt. Das bedeutet, dass die Intensität des Brauchs schon 16-mal größer war als früher. Die konfessionellen Unterschiede sind nun völlig verschwunden: Die katholische Kirche hat den protestantischen Brauch völlig übernommen, und seit dem Zweiten Weltkrieg haben sogar Kranzweihen in katholischen Kirchen stattgefunden.
Der Adventskranz war in der Mitte des 20. Jahrhunderts trotzdem nicht so allgemein in Österreich anerkannt: Das zeigt, das er in 862 Forschungsorten nur in einigen Häusern bekannt war. Am stärksten verbreitet war er in dem in west-östlicher Richtung geöffneten Donautal, hauptsächlich in Oberösterreich, links und rechts neben den wichtigen Verkehrswegen und in den Flusstälern. Im nördlichen Teil von Niederösterreich, in zahlreichen Gebieten von Oststeiermark, Kärnten und Südtirol hingegen ist er nur sehr selten aufgetaucht, oft nur in den Kirchen, den Schulen oder bei einigen Häusern. In seiner Verbreitung spielten die Städte und die gebildeten Schichten eine führende Rolle. Die Bauern haben ihn nur langsam angenommen.
Die Kirche hat viel für seine Verbreitung getan: An 332 Forschungsorten hat ihn der Pfarrer oder eine andere kirchliche Person eingeführt. Die Schule hat an 266, die Organisationen der NSDAP an 42 Orten eine Rolle bei der Verbreitung gespielt. An den übrigen 67 Orten haben die vor den Bombardierungen in Deutschland Fliehenden, die ausgebombten deutschen Familien sowie die aus Deutschland kommenden Gäste und Ehefrauen für die Verbreitung das Wesentliche getan. Nicht zu übersehen sind die verschiedenen Zeitungsartikel, die vor Weihnachten Ratschläge zum Anfertigen von Adventskränzen gegeben haben.
Karte Nr. 8 im Österreichischen Volkskundeatlas zeigt, dass bei der österreichischen Verbreitung des Adventskranzes die Zeit des Anschlusses (1938-1945) eine sehr wichtige Rolle gespielt hat: Die Kontakte mit Deutschland waren intensiver, und der Brauch des Adventskranzes konnte noch leichter nach Österreich gelangen. Aus 186 Forschungsorten hat man mitgeteilt, dass dieser Brauch bei ihnen erst nach 1945 erschienen ist (Wolfram 1959, 2, 5. Österreichischer Volkskundeatlas. 1. Lieferung, Bl. 7, 8, 9.).
Nach der Erscheinung der beiden Volkskunde-Atlanten hat Hermann Bausinger eine Studie über den Adventskranz geschrieben, in der er neue, bislang unbekannte Daten über die Entstehung dieses Brauchs mitgeteilt hat. Von ihm wissen wir, dass den frühesten Adventskranz, von dem wir Aufzeichnungen finden können, der evangelische Priester und Gründer des Hamburger Rauhen Hauses (einer evangelischen Erziehungsanstalt), Johann Hinrich Wichern, im Jahre 1833 angefertigt hat: Vor der ersten Adventsmesse wurden rund um die Orgel zahlreiche farbige Wachskerzen aufgestellt und beim Lobspruch nacheinander angezündet. Später entstand der Brauch, dass von der ersten Adventsmesse an (in der Mitte des 19. Jahrhunderts am Mittag, seit den 1870er Jahren abends) jeden Tag eine neue Kerze am Leuchter des Gebetraumes angezündet wurde. So waren die runde Form und die Kerzen des Adventskranzes nach Bausinger schon gegeben, später kamen die Tannenzweige dazu (Bausinger 1970, 12–14.).
Im Jahr 1991 hat das Rauhe Haus ein Dokument herausgegeben, das die Entstehung des Adventskranzes so beschreibt: Der erste Adventskranz entstand im Jahre 1839, er war rund, aus Holz mit 23 Kerzen. Die Wände des Gebetsraumes waren von 1851 an mit Tannenzweigen geschmückt. Der wagenrad-große hölzerne Adventskranz, mit 18–24 dünnen, roten und 4 dicken, weißen Kerzen wurde zuerst 1860 mit Tannenzweigen verziert. Bis zum 24. Dezember wurde jeden Tag eine neue Kerze angezündet, das immer stärkere Licht hat die Ankunft Christi verkündet. Die dünnen roten Kerzen wurden werktags, die dicken weißen wurden sonntags angezündet. All das hat Johann Hinrich Wichern in seinem Tagebuch beschrieben, und die Hamburger Volkskundlerin Gisella Jaacks bestätigt: „Meines Wissens ist der Brauch, einen Adventskranz als Symbol der Erwartung aufzustellen und mit Lichtern zu versehen, auf Johann Hinrich Wichern zurückzuführen. Jedenfalls ist es bei Wichern zum ersten Mal zu belegen. Er hat mit großer Wahrscheinlichkeit als erster im europäischen Raum den Adventskranz eingeführt und bekannt gemacht” (Mann von Velsen – Kohlmann hg. von 1991, 21–26).
Der Adventskranz ist im Ersten Weltkrieg in den Lazaretten Norddeutschlands erschienen, wo ihn auch aus anderen deutschen Gebieten stammende Soldaten kennenlernen konnten, was auch zu seiner Verbreitung beigetragen hat (Bausinger 1970, 15).
In Niederösterreich werden die Adventskränze am Abend vor dem ersten Adventssonntag kirchlich geweiht, sie werden auf die Altartreppen oder auf einen, zu diesem Zweck aufgestellten Tisch gelegt. In Wolkersdorf legen die Gläubigen ihre Kränze vor sich auf die Bank, und der Pfarrer weiht jeden Kranz. In Prinzendorf an der Zaya werden sie vor den Nebenaltar halbkreisförmig aufgestellt (Galler 1977, 8). Ausserdem hängt man in Niederösterreich Weihnachtssymbole (Apfel, Nuss oder Engelchen) an die bereits hängenden Kränze, so wird die Verwandschaft zwischen Adventskranz und Weihnachtsbaum betont (Galler 1977, 8).
Bevor ich zur Erscheinung und Verbreitung des Adventskranzes in Ungarn übergehe, möchte ich in Bezug auf das vorher Gesagte aus Walter Hartingers Buch Religion und Brauch zitieren: „Dieser positiven Grundstimmung dürfte es zuzuschreiben sein, dass im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert Neuerscheinungen, wie der Weihnachtsbaum und der Adventskranz in den Kultraum integriert worden sind, obwohl ihnen damals durchweg der Geruch heidnischer Herkunft anhing. Mittlerweilen gleichen die Chorräume mancher Kirchen zur Weihnachtszeit fast einem Lichterwald, eine eventuell vorhandene Krippe ist in den Hintergrund verdrängt, für die Adventskränze gibt es bereits kirchliche Segnungen” (Hartinger 1992, 68). Das kann mit der Feststellung Leopold Schmidts verbunden werden: „Vereinzelt ist es heute auch üblich, die Adventskränze zu segnen, kirchlich zu benedizieren. Das ist besonders merkwürdig, weil die Christbäume, die vor etwa anderthalb Jahrhunderten in ähnlicher Form eingebürgert wurden, doch nie so nahe an kirchliches Ritual herangeführt worden sein dürften. Vermutlich hat da das für diese Adventskränze so bezeichnende Lichterwesen daran seinen Anteil, denn die Benediktion von Lichtern ist der Kirche seit langem geläufig und entspricht der von ihr selbst entwickelten Symbolik” (Schmidt 1966, 29).
Das erstmals 1977 erschienene Lexikon der ungarischen Volkskunde erwähnt den Adventskranz unter dem Stichwort Advent nicht. Im 1993 erschienenden Großen Ungarischen Lexikon kommt es aber schon vor: „Der Adventskranz symbolisiert das Licht, das im Laufe des Jahres schwindet, dann wächst.” (Magyar Nagylexikon. Budapest 1993, I:167). Im Ungarischen Katholischen Lexikon schreibt, auf Professor Bausingers Studie beruhend, Elek Bartha über den Adventskranz, aber daraus kann man nicht feststellen, das der Kranz und sein Brauch sich auch in Ungarn verbreitet hat. (Magyar Katolikus Lexikon. Budapest 1993, I:61). In ungarischen volkskundlichen Handbüchern wurde erstmals im Jahr 1990, im siebten Band von Ungarische Volkskunde, von Zsuzsanna Tátrai erwähnt: „Der Adventskranz kann zu den, heutzutage an Popularität gewinnenden Weihnachtssymbolen gezählt werden. Der wahrscheinlich vom deutschen Sprachgebiet stammende Brauch begann sich in der Zwischenkriegszeit in Österreich zu verbreiten. Die Blumengeschäfte Budapests stellen ihn in unzähligen Varianten, mit farbigen Kerzen und Schleifen geschmückt, zusammen” (Tátrai 1990, 249).
Ich selbst bin dem Adventskranz 1967 in Kápolnásnyék (Komitat Fejér) begegnet. Zu der Zeit kam der Pfarrer Alajos Milcsinszky von Ráckeve (Komitat Pest) zu uns, und er legte auf den linken Nebenaltar einen grünen Tannenkranz mit vier Kerzen. Am vierten Adventssonntag war das Anzünden der Kerzen besonders feierlich: Der Pfarrer hatte auf die Melodie eines populären Schlagers einen religiösen Text geschrieben, was dann vom Mädchenchor mit meiner Gitarrenbegleitung vorgetragen wurde. In den folgenden Jahren habe ich keine Adventskränze gesehen: Im Universitätsregiment von Hódmezővásárhely, an der Debrecener Universität und in unserer Mietwohnung in Debrecen gab es keine. Den Advent von 1978 habe ich als Herder-Stipendiat in Wien verbracht, wo ich dem Adventskranz sehr oft in Kirchen, an der Universität, in Blumengeschäften, in Schaufenstern und in den Sendungen des ORF begegnet bin. Im Institut für Volkskunde der Wiener Universität haben wir sogar die Vorlesungen von Professor Richard Wolfram besucht, der der Autor der Karten des Adventskranzes und deren Kommentare im Österreichischen Volkskundeatlas war. So konnte ich bis zu meiner Rückkehr nach Székesfehérvár/Stuhlweißenburg sehr viel über den Adventskranz lernen, wovon ich auch bald Gebrauch machte.
Im Dezember 1980 habe ich im Schaufenster des Parfüm- und Geschenkgeschäftes Opera mehrere mit vier Kerzen geschmückte grüne Kränze gesehen. Ich habe die Schaufensterdekorateurin gefragt, was sie davon wüsste. Sie hat gesagt, diese Kränze gehören irgendwie zu den Weihnachtsfeierlichkeiten. Sie stammen aus der DDR und sind im Geschäft erhältlich. In diesem Schaufenster waren die Kränze auch vor Weinachten 1981 zu sehen. In den Adventswochen 1982 waren sie schon im Warenhaus Fehérvár zu sehen. Ich habe von ihnen Fotos gemacht. Die Kränze waren in einem Blumengeschäft in der Lenin- (heute Bischof Ottokár Prohászka-) Straße erhältlich. 1983 gab es eine Dekoration im Domus-Warenhaus, und ein Adventskranz ist auch im Ungarischen Fernsehen, in der Sendung Hét (Die Woche), neben dem Moderator erschienen. Sein Sinn war aber damals noch nicht bekannt, weil alle vier Kerzen schon am zweiten Adventsonntag brannten. Wahrscheinlich hat man ihn aus dem österreichischen Fernsehen übernommen, wo man ihn schon 1978/79 sehen konnte. Begeistert von der Erscheinung des Adventskranzes habe ich einen Artikel über ihn in den Zeitungen Fejér Megyei Hírlap (Weißenburger Zeitung), Múzeumi Kurír (Kurier des Museums), und auf Deutsch in der Neuen Zeitung geschrieben (Lukács 1980; Lukács 1982; Lukács 1983). Die kleinen Mitteilungen können als erste Erwähnungen des Adventskranzes in der volkskundlichen Literatur Ungarns betrachtet werden.
Mein Kollege József Gelencsér hat in unserem gemeinsam geschriebenen Buch über die Volksbräuche des Komitats Weißenburg eine sehr frühe Erscheinungsperiode für den Adventskranz aus dem Mórer-Tal und dem Zámolyer-Becken erwähnt: „In Csákvár ist in der Zwischenkriegszeit bei einigen Familien der Adventskranz erschienen, wahrscheinlich mit deutscher Einwirkung. Er hat einen Durchmesser von ca. 20 cm, wurde aus Tannenzweigen angefertigt, er hatte vier Kerzen, die die vier Adventswochen symbolisieren, und wurde auf die Kommode gestellt. Jeden Adventssonntag wurde während des Abendgebetes eine zusätzliche Kerze angezündet, so wurde sein Licht auf Weihnachten zu immer stärker. In Csókakő, Söréd und Bodajk werden in der Kirche schon seit langem Adventskränze benutzt, der Pfarrer zündet immer vor Beginn der Messe eine Kerze an. In den Wohnungen wird er aber nicht benutzt” (Gelencsér–Lukács 1991, 251). In seinem späteren Artikel schrieb József Gelencsér, dass die große Verbreitung des Adventskranzes Ende der 1980er Jahre begonnen hat, nachdem er bei kirchlichen Ritualen seinen Platz gefunden habe. Der Stuhlweißenburger Domherr, heute Großpobst, János Kiss sagt, dass der Adventskranz schon seit langem (den 1950er Jahren) Teil der Liturgie gewesen sei (Gelencsér 1996, 9). Ignác János Sulyok, bischöflicher Bibliothekar und Archivar von Stuhlweißenburg, sagte in den 80er Jahren, die Behörde der Diözese hätte sich Ende der 1950er Jahren damit beschäftigt, ob der Adventskranz in die Kirche aufgenommen werden könnte. Aus der Sammlung von Árpád Együd wissen wir, dass zur selben Zeit der Adventskranz im benachbarten Somogy akzeptiert worden war (Együd–Szapu 1994, 9).
Über seine Verbreitung in der heutigen Süd-Slowakei gibt auf Grund des Fragebogens im Jahr 1999 die Studie von József Liszka Auskunft. Der Adventskranz begann sich Ende der 1990er Jahre in der Süd-Slowakei zu verbreiten, besonders in den Städten, bei den Intellektuellen, den Unternehmern und bei der Kirche: In Komorn hat der Pfarrer am ersten Adventsonntag 1999 in der Hl. Rosalia-Kirche 20 Adventskränze geweiht, und alle drei Konfessionen pflegen den Brauch des Adventskranzes. In Köbölkút (slow. Gbelce; ehemaliger Komitat Esztergom) hat sich auch eine Weihe der Adventskränze eingebürgert, aber nur bei den Katholiken (Liszka 2000, 153–154).
Die Verbreitung des Adventskranzes in Siebenbürgen hat Ferenc Pozsony mit der Wirkung der Sachsen erklärt, denn der Kranz ist in den sächsisch-ungarisch gemischten Familien zuerst erschienen. Die Sachsen, die nach dem Zweiten Weltkrieg nach Deutschland umgesiedelt sind, haben ihren in Siebenbürgen gebliebenen Angehörigen einen Adventskranz als Weihnachtsgeschenk mitgebracht. Die in die ehemaligen sächsischen Städte (Kronstadt, Reps, Schässburg) einziehenden Ungarn haben schon in den 1970er Jahren kleinere grüne Tannenkränze gemacht oder gekauft, die sie dann mit roten und weißen (also nationalfarbigen) Schleifen und Kerzen schmückten. Die Kirche, die Schule und der Handel hat auch hier bei der Verbreitung eine große Rolle gespielt (Pozsony 1998, 231–232). Auf dem sog. Salzgebiet im Szeklerlande haben die Kalvinisten den Brauch von den Katholiken übernommen: „Am Anfang des weihnachtlichen Fastens haben die Katholiken des Salzgebietes Tannenkränze mit vier Kerzen angefertigt und jede Woche eine Kerze angezündet. Sicher – klagten die Protestanten von Parajd und Korond – wir machen schon auch Kränze, allmählich werden wir ihnen ähnlich” (Madar 1998, 231–232).
In die Woiwodina kam der Adventskranz durch Ungarn in den 1990er Jahren. Bemerkenswert ist, dass die früher in Österreich und in Deutschland arbeitenden jugoslawischen Gastarbeiter nichts zu seiner Verbreitung beigetragen haben (Liszka 2000, 149).
In der Aula des Stuhlweißenburger Zisterzienser-Gymnasiums zündet das spirituelle Haupt, Alajos Milcsinszky, am Morgen eines jeden Montags im Advent eine neue Kerze am großen Adventskranz an. Die Lehrer, die Schüler und der Schülerchor tragen auch zur Festlichkeit des begleitenden Gebetes bei. Ein Adventskranz kommt auch auf den Lehrertisch aller Klassenräume, dessen Kerzen an den Religions- und Klassenleiterstunden angezündet werden. Als Pfarrer der Zisterzienserkirche hat Alajos Milcsinszky schon in den 1970er und 80er Jahren Adventskränze mitgebracht, die Entzündung der Kerzen im Jahre 1985 konnte ich auch fotografieren. Heute zündet Pfarrer Ottó Újfalussy immer vor der Messe am Sonntag um 18 Uhr eine Kerze an. Der Kranz wird unter das Bild der Heiligen Familie auf einen kleinen Tisch auf der rechten Seite gelegt. In der Bischofskathedrale wird immer vor der samstägigen Abendmesse eine Kerze angezündet. In allen Kirchen der Stadt erwartet man zu Weihnachten einen Adventskranz erwartet.
Auf dem Stuhlweißenburger Rathausplatz wird nicht nur Jedermanns Weinachtsbaum, sondern auch ein riesiger Adventskranz aufgestellt, dessen Kerzen sonntagabends vom Bischof und vom Bürgermeister angezündet werden. Bei der Feierlichkeit sind auch Schauspieler, Sänger, Musikgruppen, Chöre, Schüler und Kindergartenbesucher beteiligt. Das Programm wird auch von den Zeitungen und auf Flugblättern weitergegeben. Auf der Titelseite der Zeitung der Stuhlweißenburger Selbstverwaltung Fehérvári Polgár (Stuhlweißenburger Bürger) war im Dezember zweimal das Farbfoto des Adventskranzes zu sehen (1998, 2002). In 2004 wurde ein Adventskranz über den Weihnachtsgruß des Bürgermeisters und des Bischofs gedruckt. Seit 1997 hat auch die Stadt Komorn (Slowakei) einen öffentlichen Adventskranz: Vor das Rathaus am Klapka-Platz wird in alle vier Ecken des Platzes ein riesiger Adventskranz mit vier Glühlampen aufgehängt (Liszka 2000, 150).
Laut József Gelencsér gibt es zwei Gründe, warum sich der Adventskranz so rasch verbreiten konnte: „Die freie Religionsausübung nach der Wende und das zunehmende Interesse für die Kirche gab ihm einen großen Aufschwung. Zweitens: Die im deutschen und österreichischen Besitz stehenden Warenhäuser haben immer eine große Vielfalt an Adventskränzen im Angebot, nicht nur im Schaufenster, sondern auch in den Prospekten und Katalogen” (Gelencsér 1996, 9).
Ich selbst bin im Advent 1990 als Humboldt-Stipendiat dem Adventskranz in einem Prospekt begegnet. Ich habe die Handelsbeilage (Weihnachts Journal) der Zeitung Dachauer Rundschau (Ausgabe: 22. November 1990) aufbewahrt, worin wir über die selbstständige Herstellung des Adventskranzes lesen können. In den Handelsbeilagen (Weihnachtsangebot) der Weißenburger Zeitung 2001 und 2004 können wir genau über dasselbe nachlesen.
Ich habe viele Prospekte von Handwerksgeschäften und Einkaufzentren gesammelt, die Adventskränze und Kerzen anbieten. In den letzten Jahren habe ich viele Postkarten zu Weihnachten mit einem Kranzbild enthalten, und auf den Fahrplan der Budapester Verkehrs-AG von Weihnachten bis Neujahr 2002/2003 wurde ebenfalls ein Adventskranz gedruckt.
Im Internet kann man nicht nur von seiner Geschichte und Herstellung, sondern auch vom größten Adventskranz Ungarns lesen: Der größte Kranz wurde 2003 in Algyő (Komitat Csongrád) angefertigt, sein Durchmesser betrug 6,6 Meter (www.rekordok.hu/advent.html).
Die deutsche und österreichische Fachliteratur meint, der Adventskranz würde dem Weihnachtsbaum bis zur Jahrtausendwende eine ernste Konkurrenz. Dieser Feststellung scheint zu entsprechen, dass an den Jedermanns Weihnachtsbaum am Budapester Vörösmarty-Platz im Jahre 2004 Kränze aus Stroh als Christbaumschmuck angehängt wurden. Somit hat der Adventskranz den Weihnachtsbaum nicht nur eingeholt, sondern auch erklommen.

(Übersetzt von Miklós Lukács)

Literatur

Bausinger, Hermann
1970    Der Adventskranz. Württembergisches Jahrbuch für Volkskunde, 9–31.

Bálint Sándor
1973    Karácsony, húsvét, pünkösd. A nagyünnepek hazai és közép-európai hagyományvilágából. Budapest.
1980    A szögedi nemzet. A szegedi nagytáj népélete. III. Szeged.

Bod Péter
1757    Szent Heortokrátes. Avagy A’ Keresztyének között elő-forduló innepeknek és a’ rendes Kalendáriomban fel-jegyeztetett szenteknek rövid historiájok. Oppenheim.

Együd Árpád – Szapu Magda
1994    Téli jelesnapi szokások Somogyban. Kaposvár.

Fél Edit
1983    Le vinarie et le fiel. La vie d’une paysanne hongroise. Budapest.
1993    Advent Mezőkövesden. In Emlékezés Fél Editre. Hg. von Fülemile Ágnes – Stefány Judit. Budapest, 239–243.

Galler, Werner
1977    Weihnachten in Niederösterreich. Sankt Pölten – Wien.

Gáncs Péter – Szabó István
1980    Megszületett a szeretet. Mindentudás Egyeteme, III. szemeszter.

Gelencsér József
1996     Adventi koszorúk. Fehérvári Polgár II. 12. 9.

Gelencsér József – Lukács László
1991    Szép napunk támadt. A népszokások Fejér megyében. Székesfehérvár.

Hartinger, Walter
1991     Religion und Brauch. Darmstadt.

Liszka József
2000    Az adventi koszorú. Egy felmérés előzetes eredménye. Fórum Társadalomtudományi Szemle 2, Nr. 1., 147–156.
2003    Der Adventskranz: Verbreitung und Bedeutung eines neuen Brauchelements in der Südslowakei. In Zwischen den Karpaten und der Ungarischen Tiefebene. Volkskunde der Ungarn in der Slovakei. Passau, 415–435. /Passauer Studien zur Volkskunde Bd. 22./

Lukács László
1980    A decemberi „kis bűt.” Fejér Megyei Hírlap XXXV. 216. 7.
1982     Adventskranz. Neue Zeitung XXVI. 48. 7.
1983    Adventi koszorú. Múzeumi Kurír 43. V. 3. 56-57.

Madar Ilona
1998    A sóvidéki vallásosságról. Marosvásárhely.

Mann van Velsen, Uwe – Kohlmann, Willi (Hg.)
1991    Der Adventskranz und seine Geschichte. Hamburg.

Petrei, Bertl
1972     Lebendiges Brauchtum im Burgenland. Eisenstadt.

Pozsony Ferenc
1998    Szól a kakas már. Szász hatás az erdélyi magyar jeles napi szokásokban. Csíkszereda.

Schmidt, Leopold
1966    Volksglaube und Volksbrauch. Gestalten, Gebilde, Gebärden. Berlin.

Seper, Karl
1976     Unterwarter Heimatbuch. Geschichte, Kultur und Wirtschaft einer südburgenländischen Gemeinde. Unterwart.

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1990    Jeles napok – ünnepi szokások. In Magyar Néprajz VII. Népszokás, néphit, népi vallásosság. Hg. von Dömötör Tekla. Budapest, 102–264.

Wolfram, Richard
1959     Adventskranz. In Österreichischer Volkskundeatlas. 1. Lieferung, XI. Kommentar. Wien.

Wolfram, Richard – Kretschmer, Ingrid (Hg.)
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